Ray City aká Razer City – 11:57 – 7 Jahre a. R.
Finster war es in dem Saal im höchsten Stockwerk des größtes Gebäudes in Razer City.
Der Tag, an dem der grausame Dr. Robotnik – zusammen mit seiner Armee Swatbots - das Königreich Acorn und damit verbunden auch die meisten Partnerstaaten unter seine Kontrolle gebracht hatte, lag inzwischen 7 Jahre zurück. Nie zuvor hatte es einen solch dunklen Tag in der Geschichte von Mobius gegeben. Ausser all denen, die diesem einen folgten...
Inzwischen sprach niemand mehr von ''Ray City'', wenn von diesem Ort gesprochen wurde.
Nicht, dass es vergessen war. Es machte nur niemand mehr.
Das Wandfenster, welches normalerweise den Saal in das gleißende Licht der Wüste tauchte, war durch einen Rollladen verschlossen. Doch auch im Licht wäre ausser den vielen, unbesetzten Stühlen und dem gewaltigen Tisch nicht viel zu sehen gewesen. Es gab nichts mehr, worüber getagt werden müsste. Dr. Robotnik entschied alles und jeder, der ihm diente, gehorchte ohne zu zögern.
Die Alternative dessen war es als willenlose Maschine aus dem Robotisierer zu treten oder einen schier endlosen Kampf als ''Rebell'' – als so genannter ''Freedom Fighter'' – gegen Robotnik aufzubegehren. Von Erfolg konnten dabei nur die wenigsten sprechen.
Immerhin saß er auch heute noch auf seinem Thron...
Der einzige Stuhl, der besetzt war, hatte das Fenster im Rücken und den flachen Monitor, der an der entgegen gesetzten Wand hing, vor sich. Ohne Regung wartete sie auf das Erscheinen ihres Meisters. Keine Regung, kein Zucken.
Er verspätete sich nie.
Um Punkt 12:00 stand sie auf um dem wulstigen Gesicht, welches von so vielen auf Mobius gehasst wurde, den entsprechenden Respekt entgegenzubringen. Hass, den er sichtbar und offen genoss. Sein markanter Bart, seine schwarz/roten Augen und sein haarloses Haupt machten ihn unverkennbar.
Doktor Robotnik.
R.:''Ich erwarte deinen Bericht, Skorpia.''
Skorpia, deren Konturen durch das Licht des Bildschirms nun deutlicher erkennbar war, verbeugte sich untertänig, sah ihn jedoch voller Stolz an. Stolz dem Herrscher dieser Welt zu dienen? Es war auf jeden Fall ehrlicher Stolz.
Es mochte mal eine Löwin gewesen sein... Eine hübsche sogar.
Doch heute war alles, was man erkennen konnte, Metall. Braunes Metall, wo einst Fell gewesen war und ebenso schwarze, ausdruckslose Augen, wie ihr Herrscher sie hatte. Dort, wo ihr Löwenschwanz gewesen war, zierte sie nun den Schwanz eines Skorpions. Kleidung trug sie nicht, es hatte keinen Nutzen, wenn der Körper aus Metall bestand.
Die ''Herrscherin'' Razer Citys im Dienste Robotniks.
S.:''Projekt ''Razer City'' ist vor 48 Stunden angelaufen und es ist uns bereits jetzt gelungen, die hiesigen Freedom Fighter vollständig auszuschalten.''
Robotniks Gesicht verzog sich ungläubig und hätte – von Gesicht zu Gesicht – sicher jemanden durchbohren können... Doch Skorpia fürchtete sich nicht. Es gab keine schlechten Nachrichten. Erfolg war entscheidend.
R.:''Alle Freedom Fighter?“
Skopria nickte.
S.:''Alle ''Dragons'' sind sichergestellt worden. Abgesehen von demjenigen, den wir für das Projekt benutzt haben, sind die übrigen 6 gefangen und robotisiert worden. Ihr Anführer, Dragon, befindet sich in unserem Gewahrsam... Bis Ihr entscheidet, was mit ihm geschehen soll.''
Mit einem finsteren Lächeln strich Robotnik über den Rücken von Cluck, dem Metallvogel, den er wie ein Haustier hielt und in der Regel auf seiner Schulter seinen Platz hatte. Ein widerlicher Anblick... Auch, wenn nicht vor allem, für Skorpia.
R.:''Wunderbar. Wie lange wird es dauern, bis sämtliche Daten ermittelt sind?''
S.:''Projekt Razer City wird nicht mehr Zeit einfordern, als notwendig. Im Moment sind 3 Subjekte innerhalb der Stadt aktiv. Ich rechne mit einem vollständigen Bericht in weniger als einem Monat. Je nachdem, wie auf die Vernichtung der ''Dragons'' reagiert wird.''
R.:''Sie werden kommen. Warte es ab... Sie werden kommen und dann hab' ich endlich das, was ich brauche, um diese verdammte, blaue Ratte zu erledigen.''
Der ewige Kampf zwischen den ''Knothole Freedom Fighter'' und Dr. Robotnik war vielleicht nicht auf der ganzen Welt, aber auf jedem Fall jedem, der 7 Untertanen Robotniks bekannt. Natürlich sprach man darüber nicht. Im Ganzen wagte man es nicht in der Anwesenheit Robotniks einen eigenen Willen zu zeigen.
Ein ''eigener Wille'' wäre ohnehin die falsche Beschreibung. Robotnik hatte an strategisch wichtigen Punkten die Regelungen in die Hände von 7 robotisierten Tieren gelegt. Einen freien Willen hatten sie nicht... Es wurde ein freier Wille simuliert und doch standen sie für alles ein, was Robotnik verlangte.
Marionetten.
Skorpia war die Marionette von Razer City.
R.:''Wie steht es um den Rest der Stadt?''
Nicht sichtbar für Skorpia aktivierte sich auf dem Bildschirm Robotniks diverse Anzeigen und Bilder... Aufnahmen der Stadt aus der Luft, Bilder wichtiger Gebäude und Anlagen... Bilder, für die die Freedom Fighters Jahren lang kämpfen würden.
Skorpia stand inzwischen aufrecht, aber nicht provokant.
S.:''Die Versuche der Dragons der Wettermaschine im Süden Schaden anzurichten, konnten erfolgreich vermieden werden. Erste Feldergebnisse liegen und vor. Der Niederschlag wird in diesem Moment seit 4 Jahren, 6 Monaten, 22 Tagen und 2 Stunden verhindert.''
Skorpia gab dem Doktor noch weitere, für uns unwesentliche Informationen, während sich unser Blick auf das Bild selbst bewegt...
Etwas, was aussah wie eine gewaltige Sattelitenanlage schoss unnachgiebig und ohne zu schwanken einen gelblichen Lichtstrahl in den Himmel, der die Stadt, die Umgebung und jegliches, pflanzliches Leben ausgestrocknet hatte.
Die Wüste hatte die Stadt fast verschluckt. Viele Straßen waren längst unter dem Sand begraben, wenn auch nur um wenige Zentimeter.
S.:''Die Mobilisierung wird zum Ende des Projekts sichergestellt sein. Nach der Fertigstellung des entsprechenden Antriebs bzw. der Konzentration der notwendigen Energie wird die Anlage aus entsprechender Höhe nicht nur für sämtliche Angriffe unerreichbar sein, sondern auch das Wetter der gesamten Welt in Ihre Hände legen, Doktor.“
Ein weiteres Bild sprang auf, die Stadtkarte verriet eine Positionierung am anderen Ende der Stadt.
S.:''Im Norden versuchen wir weiterhin den Ursprung und das Potential des von Ihnen gefundenen Steins dafür zu ergründen. Es fällt uns schwer die Energie nutzbar zu machen, ohne dass die Maschinen davon überlastet und zur Explosion geführt werden... Allerdings gehen Ihre Pläne vorran, Doktor. Nicht mehr lange und wir können ihn Ihren Plänen entsprechend als Energiequelle oder als Waffe einsetzen.''
Robotnik nickte und öffnete das dritte und letzte Bild.
Eine Übersicht der Stadt aus der Luft. Das Gebäude, in dem Skorpia sich gerade befand, lag unmittelbar im Zentrum. Im Süden die Wetteranlage, im Norden der Forschungskomplex. Im Westen war eine Swatbot-Fabrik ersichtlich, im Osten die Hauptenergieanlage.
Mit einer Handbewegung des Doktors zoomte das Bild aus und erlaubte den Blick auf einen schwarzen Ring, der einige Kilometer ausserhalb die Stadt umrang.
Ein Klick und es war besagte Mauer zu ersehen, die niemanden zu Fuß in die Stadt ließ. Gewaltige, bei Nichtnutzung in der Mauer versenkte, Kanonen verhinderten den Überflug.
Die Stadt war hermetisch abgeriegelt.
S.:''Das Projekt Razer City wird von niemanden gestört. Es ist genauso, wie Sie es wünschten, Doktor. Nach der Vernichtung der Dragons ist auch der bislang einzige, bekannte, unterirdische Weg durch die nie fertiggestellte Pipeline entdeckt und zerstört worden. Jeglicher Kontakt ist unmöglich... Razer City läuft aktuell auf 79 Prozent.''
Robotnik merkte kaum sichtbar, aber anerkennend.
Entspannt legte er seine Hände ineinander... Ein Zeichen für Skorpia, dass alles in Ordnung und der Glaube, keine Furcht ihm gegenüber zu haben, nichts als eine Lüge war.
R.:''Gut. Sehr gut. Ich erwarte einen vollständigen Statusbericht der Stadt und die Vorbereitung für...''
Er zeigte grinsend seine Zähne und Skorpia nickte. Ihr Blick wich dabei unmerklich zu der Lüftung über ihrem Kopf.
S.:''Natürlich. Sobald das Projekt seinen Zweck erfüllt hat und uns sämtliche Daten vorliegen, tritt ''Avalanche'' in Kraft.''
Ein Warnsignal hinter Robotnik ließ ihn seinen Kopf herumreißen, knurren und mit seinem Roboterarm auf seine Stuhllehne schlagen... Es war wieder ''er''.
R.:''Das wäre alles. An die Arbeit!!!''
Mit seinem wütenden Grollen verschwand das Bild und ließ die Finsternis in den Raum zurückkehren. Skorpia lächelte. Lächelte, da alles nach Plan lief. Lächelte, da auch ihre Pläne bislang nicht entdeckt worden waren...
Lächelte... Da Shangri-La niemals sehen würde, was auf es zukommt.
Wie eine Welle füllte sich der Raum mit Licht, als der Rollladen sich in der Mitte zu öffnen und hinter der Mauer zu verschwinden begann...
Dahinter lag Razer City. Eine Stadt, die von der Wüste verschlungen wurde... Eine Stadt, die ihren Namen verloren und die Sklaverei gewonnen hatte. Die Stadt lag in Trümmern, jedoch nicht mehr, als irgendwo sonst auf der Welt.
Gelber Sand... Beißender Wüstensand...
Waren die einzigen, wenigen Dinge, die das Leben hier nicht nur hoffnungslos, sondern auch unerträglich machten.
Der gewaltige Abgrund, in dem dutzende Gebäude nach der Sprengung der obersten Ebene von Shangri-La versunken waren, war das Mahnmal der Macht Robotniks. Sie war Jahre zuvor, bei einem gezielten Angriff Robotniks gefunden und zerstört worden.
Heute bewegte sich dort nichts mehr... Offiziell.
Das Lächeln Skorpias... Welches sie in dem Moment trug, in dem sie eine Handfäche auf das Fensterglas legte und zu dem Krater hinuntersah...
Galt den Überlebenden, in den unteren Etagen.
Der Tag würde kommen.
Bald...
* * * * *
In den Schatten, die den einzigen Schutz vor der brennenden Sonne boten, bewegte sich eine Gestalt zwischen den ausgeblichenen Überresten einer Automobilen und dem, was vor Jahren einmal Geschäfte mit Schaufenstern gewesen war.
Es war kein Roboter.
Es war nicht nur wegen der Sonne eine schlechte Idee sich tagsüber in der Stadt zu bewegen... Die unzähligen, fliegenden Swatbot-Einheiten machten den einen Fehler nicht selten zu dem letzten. Jedes Tier, welches gefangen wurde, fand sich nur wenige Stunden – manchmal Minuten – später in dem Robotisierer wieder.
Robotisiert werden war das Ende. Es gab keine Heilung.
Allerdings durfte keine Zeit verloren werden.
Der Sand hatte den Boden im Inneren des Geschäfts schon vor Jahren begraben und doch ragte die eine oder andere Schaufensterpuppe noch mit den Armen, dem Gesicht oder zumindest der Hand heraus... Geradezu nach Hilfe suchend.
Die braune Füchsin, die kniend mit beiden Händen den Sand zur Seite schob, ließ das Schaufenster immer nur wenige Sekunden aus den Augen.
Ihr Blick war ernst, nahezu starr... Konzentriert.
Eigentlich durften sie sie hier nicht entdecken. Doch eigentlich war kein Wort, das sie mochte.
Nach schrecklich langen Minuten packten ihre Hände etwas und zogen es mit einem Ruck aus dem Sand heraus...
Ein braunes Sweatshirt, passend zu ihrem dunklen, braunen Fell. Sie trug keine Handschuhe oder Schuhe, sondern hatte Hände und Füße mit den Überresten eines nun sehr unglücklichen, weißen Bettlakens umwickelt.
Bot mehr Bewegungsfreiheit.
Das Sweatshirt war ihr zu groß, deckte sogar den Schweifansatz ab... Hatte allerdings eine Kapuze, auf die sie nicht verzichten wollte. Da die Ärmel damit allerdings auch zu lang waren, wurden diese kurzer Hand zurück gezogen und mit den letzten Resten des nun noch unglücklicheren Bettlakens festgemacht.
Die Tasche über die Schulter und perfekt.
Die meisten der weißen Streifen, die sie seit ihrer Gebut hatte, waren ebenfalls verdeckt. Nicht, dass sie diese verstecken wollte – sie hatte sich als Füchsin daran gewöhnt weiße Streifen zu haben – aber die Größe des Sweatshirts erlaubte es nicht.
Ihre blauen Augen konnten nur die an den Beinen entdecken.
Sie seufzte... Schüttelte den Kopf.
Es war nicht richtig. Es fühlte sich nicht richtig an... Doch es war unwesentlich. ''Es'' ging dabei nur um sie. Das, was in ihrer Tasche war und was sie mit dem letzten ''Abhörset“, welches sie aus dem Versteck der Dragons sicherstellen konnte, war wichtiger.
Projekt ''Razer City''? Von der Wetteranlage hatten sie gewusst, aber was bedeutete Projekt Razer City?
Was sollte das mit dem Stein?
Sie schüttelte erneut den Kopf. Sie musste es herauskriegen. Sie käme danach.
Sie atmete noch einmal ruhig ein und aus... Rief sich den Straßenplan zurück ins Gedächtnis und versuchte sich vor dem inneren Auge den besten und vor allem schnellsten Weg in die Kanalisation zu ermitteln. Sie musste nach Shangri-La. Sie musste zu Aki.
Zwar hatten die Dragons es immer vermieden mit Shangri-La zusammen zu arbeiten, aber...
Aber...
Die Füchsin schüttelte den Kopf... Die Dragons gab es nicht mehr. Sie war weg... Sie war allein.
Aki musste ihr einfach zuhören. Aber wie sollte sie nicht? Sie hatte immerhin alle Beweise dabei. Immerhin wäre ihr der Name Nine ein Begriff.
Wer weiß.. Vielleicht wusste sie ja doch etwas über ihn.
…
ZIVLIST! ERGIB DICH! ZIVLIST! ERGIB DICH!
Eine fliegende Swatbot-Einheit hatte sich vor dem ''Schaufenster'' positioniert und zielte mit der Boardkanone direkt auf den Kopf der Füchin. Zwar konnte die das nicht sehen, aber war sich ziemlich sicher.
Die Bewegung, nun direkt auf den ''Flieger'' zuzurennen, sich unter dem hindurchzurollen und sich mit aller Kraft – im Schwung – vom Boden abzustoßen, kam eher unbewusst. Sie verließ sich immer auf ihr Gefühl... Auch wenn das gerade gepennt hatte.
Es war nicht unmöglich einem zu entkommen, solange...
Ein Schuss ließ die Füchsin an Ort und Stelle verharren, als aus der Richtung, in die sie bis eben gerannt war, ein weiterer Flieger dazu kam und unablässig seinen Aufruf wiederholte, sie solle sich ergeben. Der erste war direkt hinter ihr, der einzige Weg der in eine winzige Gasse zu ihrer rechten.
Sie musste weg. Schnell! SCHNELL!
Finster war es in dem Saal im höchsten Stockwerk des größtes Gebäudes in Razer City.
Der Tag, an dem der grausame Dr. Robotnik – zusammen mit seiner Armee Swatbots - das Königreich Acorn und damit verbunden auch die meisten Partnerstaaten unter seine Kontrolle gebracht hatte, lag inzwischen 7 Jahre zurück. Nie zuvor hatte es einen solch dunklen Tag in der Geschichte von Mobius gegeben. Ausser all denen, die diesem einen folgten...
Inzwischen sprach niemand mehr von ''Ray City'', wenn von diesem Ort gesprochen wurde.
Nicht, dass es vergessen war. Es machte nur niemand mehr.
Das Wandfenster, welches normalerweise den Saal in das gleißende Licht der Wüste tauchte, war durch einen Rollladen verschlossen. Doch auch im Licht wäre ausser den vielen, unbesetzten Stühlen und dem gewaltigen Tisch nicht viel zu sehen gewesen. Es gab nichts mehr, worüber getagt werden müsste. Dr. Robotnik entschied alles und jeder, der ihm diente, gehorchte ohne zu zögern.
Die Alternative dessen war es als willenlose Maschine aus dem Robotisierer zu treten oder einen schier endlosen Kampf als ''Rebell'' – als so genannter ''Freedom Fighter'' – gegen Robotnik aufzubegehren. Von Erfolg konnten dabei nur die wenigsten sprechen.
Immerhin saß er auch heute noch auf seinem Thron...
Der einzige Stuhl, der besetzt war, hatte das Fenster im Rücken und den flachen Monitor, der an der entgegen gesetzten Wand hing, vor sich. Ohne Regung wartete sie auf das Erscheinen ihres Meisters. Keine Regung, kein Zucken.
Er verspätete sich nie.
Um Punkt 12:00 stand sie auf um dem wulstigen Gesicht, welches von so vielen auf Mobius gehasst wurde, den entsprechenden Respekt entgegenzubringen. Hass, den er sichtbar und offen genoss. Sein markanter Bart, seine schwarz/roten Augen und sein haarloses Haupt machten ihn unverkennbar.
Doktor Robotnik.
R.:''Ich erwarte deinen Bericht, Skorpia.''
Skorpia, deren Konturen durch das Licht des Bildschirms nun deutlicher erkennbar war, verbeugte sich untertänig, sah ihn jedoch voller Stolz an. Stolz dem Herrscher dieser Welt zu dienen? Es war auf jeden Fall ehrlicher Stolz.
Es mochte mal eine Löwin gewesen sein... Eine hübsche sogar.
Doch heute war alles, was man erkennen konnte, Metall. Braunes Metall, wo einst Fell gewesen war und ebenso schwarze, ausdruckslose Augen, wie ihr Herrscher sie hatte. Dort, wo ihr Löwenschwanz gewesen war, zierte sie nun den Schwanz eines Skorpions. Kleidung trug sie nicht, es hatte keinen Nutzen, wenn der Körper aus Metall bestand.
Die ''Herrscherin'' Razer Citys im Dienste Robotniks.
S.:''Projekt ''Razer City'' ist vor 48 Stunden angelaufen und es ist uns bereits jetzt gelungen, die hiesigen Freedom Fighter vollständig auszuschalten.''
Robotniks Gesicht verzog sich ungläubig und hätte – von Gesicht zu Gesicht – sicher jemanden durchbohren können... Doch Skorpia fürchtete sich nicht. Es gab keine schlechten Nachrichten. Erfolg war entscheidend.
R.:''Alle Freedom Fighter?“
Skopria nickte.
S.:''Alle ''Dragons'' sind sichergestellt worden. Abgesehen von demjenigen, den wir für das Projekt benutzt haben, sind die übrigen 6 gefangen und robotisiert worden. Ihr Anführer, Dragon, befindet sich in unserem Gewahrsam... Bis Ihr entscheidet, was mit ihm geschehen soll.''
Mit einem finsteren Lächeln strich Robotnik über den Rücken von Cluck, dem Metallvogel, den er wie ein Haustier hielt und in der Regel auf seiner Schulter seinen Platz hatte. Ein widerlicher Anblick... Auch, wenn nicht vor allem, für Skorpia.
R.:''Wunderbar. Wie lange wird es dauern, bis sämtliche Daten ermittelt sind?''
S.:''Projekt Razer City wird nicht mehr Zeit einfordern, als notwendig. Im Moment sind 3 Subjekte innerhalb der Stadt aktiv. Ich rechne mit einem vollständigen Bericht in weniger als einem Monat. Je nachdem, wie auf die Vernichtung der ''Dragons'' reagiert wird.''
R.:''Sie werden kommen. Warte es ab... Sie werden kommen und dann hab' ich endlich das, was ich brauche, um diese verdammte, blaue Ratte zu erledigen.''
Der ewige Kampf zwischen den ''Knothole Freedom Fighter'' und Dr. Robotnik war vielleicht nicht auf der ganzen Welt, aber auf jedem Fall jedem, der 7 Untertanen Robotniks bekannt. Natürlich sprach man darüber nicht. Im Ganzen wagte man es nicht in der Anwesenheit Robotniks einen eigenen Willen zu zeigen.
Ein ''eigener Wille'' wäre ohnehin die falsche Beschreibung. Robotnik hatte an strategisch wichtigen Punkten die Regelungen in die Hände von 7 robotisierten Tieren gelegt. Einen freien Willen hatten sie nicht... Es wurde ein freier Wille simuliert und doch standen sie für alles ein, was Robotnik verlangte.
Marionetten.
Skorpia war die Marionette von Razer City.
R.:''Wie steht es um den Rest der Stadt?''
Nicht sichtbar für Skorpia aktivierte sich auf dem Bildschirm Robotniks diverse Anzeigen und Bilder... Aufnahmen der Stadt aus der Luft, Bilder wichtiger Gebäude und Anlagen... Bilder, für die die Freedom Fighters Jahren lang kämpfen würden.
Skorpia stand inzwischen aufrecht, aber nicht provokant.
S.:''Die Versuche der Dragons der Wettermaschine im Süden Schaden anzurichten, konnten erfolgreich vermieden werden. Erste Feldergebnisse liegen und vor. Der Niederschlag wird in diesem Moment seit 4 Jahren, 6 Monaten, 22 Tagen und 2 Stunden verhindert.''
Skorpia gab dem Doktor noch weitere, für uns unwesentliche Informationen, während sich unser Blick auf das Bild selbst bewegt...
Etwas, was aussah wie eine gewaltige Sattelitenanlage schoss unnachgiebig und ohne zu schwanken einen gelblichen Lichtstrahl in den Himmel, der die Stadt, die Umgebung und jegliches, pflanzliches Leben ausgestrocknet hatte.
Die Wüste hatte die Stadt fast verschluckt. Viele Straßen waren längst unter dem Sand begraben, wenn auch nur um wenige Zentimeter.
S.:''Die Mobilisierung wird zum Ende des Projekts sichergestellt sein. Nach der Fertigstellung des entsprechenden Antriebs bzw. der Konzentration der notwendigen Energie wird die Anlage aus entsprechender Höhe nicht nur für sämtliche Angriffe unerreichbar sein, sondern auch das Wetter der gesamten Welt in Ihre Hände legen, Doktor.“
Ein weiteres Bild sprang auf, die Stadtkarte verriet eine Positionierung am anderen Ende der Stadt.
S.:''Im Norden versuchen wir weiterhin den Ursprung und das Potential des von Ihnen gefundenen Steins dafür zu ergründen. Es fällt uns schwer die Energie nutzbar zu machen, ohne dass die Maschinen davon überlastet und zur Explosion geführt werden... Allerdings gehen Ihre Pläne vorran, Doktor. Nicht mehr lange und wir können ihn Ihren Plänen entsprechend als Energiequelle oder als Waffe einsetzen.''
Robotnik nickte und öffnete das dritte und letzte Bild.
Eine Übersicht der Stadt aus der Luft. Das Gebäude, in dem Skorpia sich gerade befand, lag unmittelbar im Zentrum. Im Süden die Wetteranlage, im Norden der Forschungskomplex. Im Westen war eine Swatbot-Fabrik ersichtlich, im Osten die Hauptenergieanlage.
Mit einer Handbewegung des Doktors zoomte das Bild aus und erlaubte den Blick auf einen schwarzen Ring, der einige Kilometer ausserhalb die Stadt umrang.
Ein Klick und es war besagte Mauer zu ersehen, die niemanden zu Fuß in die Stadt ließ. Gewaltige, bei Nichtnutzung in der Mauer versenkte, Kanonen verhinderten den Überflug.
Die Stadt war hermetisch abgeriegelt.
S.:''Das Projekt Razer City wird von niemanden gestört. Es ist genauso, wie Sie es wünschten, Doktor. Nach der Vernichtung der Dragons ist auch der bislang einzige, bekannte, unterirdische Weg durch die nie fertiggestellte Pipeline entdeckt und zerstört worden. Jeglicher Kontakt ist unmöglich... Razer City läuft aktuell auf 79 Prozent.''
Robotnik merkte kaum sichtbar, aber anerkennend.
Entspannt legte er seine Hände ineinander... Ein Zeichen für Skorpia, dass alles in Ordnung und der Glaube, keine Furcht ihm gegenüber zu haben, nichts als eine Lüge war.
R.:''Gut. Sehr gut. Ich erwarte einen vollständigen Statusbericht der Stadt und die Vorbereitung für...''
Er zeigte grinsend seine Zähne und Skorpia nickte. Ihr Blick wich dabei unmerklich zu der Lüftung über ihrem Kopf.
S.:''Natürlich. Sobald das Projekt seinen Zweck erfüllt hat und uns sämtliche Daten vorliegen, tritt ''Avalanche'' in Kraft.''
Ein Warnsignal hinter Robotnik ließ ihn seinen Kopf herumreißen, knurren und mit seinem Roboterarm auf seine Stuhllehne schlagen... Es war wieder ''er''.
R.:''Das wäre alles. An die Arbeit!!!''
Mit seinem wütenden Grollen verschwand das Bild und ließ die Finsternis in den Raum zurückkehren. Skorpia lächelte. Lächelte, da alles nach Plan lief. Lächelte, da auch ihre Pläne bislang nicht entdeckt worden waren...
Lächelte... Da Shangri-La niemals sehen würde, was auf es zukommt.
Wie eine Welle füllte sich der Raum mit Licht, als der Rollladen sich in der Mitte zu öffnen und hinter der Mauer zu verschwinden begann...
Dahinter lag Razer City. Eine Stadt, die von der Wüste verschlungen wurde... Eine Stadt, die ihren Namen verloren und die Sklaverei gewonnen hatte. Die Stadt lag in Trümmern, jedoch nicht mehr, als irgendwo sonst auf der Welt.
Gelber Sand... Beißender Wüstensand...
Waren die einzigen, wenigen Dinge, die das Leben hier nicht nur hoffnungslos, sondern auch unerträglich machten.
Der gewaltige Abgrund, in dem dutzende Gebäude nach der Sprengung der obersten Ebene von Shangri-La versunken waren, war das Mahnmal der Macht Robotniks. Sie war Jahre zuvor, bei einem gezielten Angriff Robotniks gefunden und zerstört worden.
Heute bewegte sich dort nichts mehr... Offiziell.
Das Lächeln Skorpias... Welches sie in dem Moment trug, in dem sie eine Handfäche auf das Fensterglas legte und zu dem Krater hinuntersah...
Galt den Überlebenden, in den unteren Etagen.
Der Tag würde kommen.
Bald...
* * * * *
In den Schatten, die den einzigen Schutz vor der brennenden Sonne boten, bewegte sich eine Gestalt zwischen den ausgeblichenen Überresten einer Automobilen und dem, was vor Jahren einmal Geschäfte mit Schaufenstern gewesen war.
Es war kein Roboter.
Es war nicht nur wegen der Sonne eine schlechte Idee sich tagsüber in der Stadt zu bewegen... Die unzähligen, fliegenden Swatbot-Einheiten machten den einen Fehler nicht selten zu dem letzten. Jedes Tier, welches gefangen wurde, fand sich nur wenige Stunden – manchmal Minuten – später in dem Robotisierer wieder.
Robotisiert werden war das Ende. Es gab keine Heilung.
Allerdings durfte keine Zeit verloren werden.
Der Sand hatte den Boden im Inneren des Geschäfts schon vor Jahren begraben und doch ragte die eine oder andere Schaufensterpuppe noch mit den Armen, dem Gesicht oder zumindest der Hand heraus... Geradezu nach Hilfe suchend.
Die braune Füchsin, die kniend mit beiden Händen den Sand zur Seite schob, ließ das Schaufenster immer nur wenige Sekunden aus den Augen.
Ihr Blick war ernst, nahezu starr... Konzentriert.
Eigentlich durften sie sie hier nicht entdecken. Doch eigentlich war kein Wort, das sie mochte.
Nach schrecklich langen Minuten packten ihre Hände etwas und zogen es mit einem Ruck aus dem Sand heraus...
Ein braunes Sweatshirt, passend zu ihrem dunklen, braunen Fell. Sie trug keine Handschuhe oder Schuhe, sondern hatte Hände und Füße mit den Überresten eines nun sehr unglücklichen, weißen Bettlakens umwickelt.
Bot mehr Bewegungsfreiheit.
Das Sweatshirt war ihr zu groß, deckte sogar den Schweifansatz ab... Hatte allerdings eine Kapuze, auf die sie nicht verzichten wollte. Da die Ärmel damit allerdings auch zu lang waren, wurden diese kurzer Hand zurück gezogen und mit den letzten Resten des nun noch unglücklicheren Bettlakens festgemacht.
Die Tasche über die Schulter und perfekt.
Die meisten der weißen Streifen, die sie seit ihrer Gebut hatte, waren ebenfalls verdeckt. Nicht, dass sie diese verstecken wollte – sie hatte sich als Füchsin daran gewöhnt weiße Streifen zu haben – aber die Größe des Sweatshirts erlaubte es nicht.
Ihre blauen Augen konnten nur die an den Beinen entdecken.
Sie seufzte... Schüttelte den Kopf.
Es war nicht richtig. Es fühlte sich nicht richtig an... Doch es war unwesentlich. ''Es'' ging dabei nur um sie. Das, was in ihrer Tasche war und was sie mit dem letzten ''Abhörset“, welches sie aus dem Versteck der Dragons sicherstellen konnte, war wichtiger.
Projekt ''Razer City''? Von der Wetteranlage hatten sie gewusst, aber was bedeutete Projekt Razer City?
Was sollte das mit dem Stein?
Sie schüttelte erneut den Kopf. Sie musste es herauskriegen. Sie käme danach.
Sie atmete noch einmal ruhig ein und aus... Rief sich den Straßenplan zurück ins Gedächtnis und versuchte sich vor dem inneren Auge den besten und vor allem schnellsten Weg in die Kanalisation zu ermitteln. Sie musste nach Shangri-La. Sie musste zu Aki.
Zwar hatten die Dragons es immer vermieden mit Shangri-La zusammen zu arbeiten, aber...
Aber...
Die Füchsin schüttelte den Kopf... Die Dragons gab es nicht mehr. Sie war weg... Sie war allein.
Aki musste ihr einfach zuhören. Aber wie sollte sie nicht? Sie hatte immerhin alle Beweise dabei. Immerhin wäre ihr der Name Nine ein Begriff.
Wer weiß.. Vielleicht wusste sie ja doch etwas über ihn.
…
ZIVLIST! ERGIB DICH! ZIVLIST! ERGIB DICH!
Eine fliegende Swatbot-Einheit hatte sich vor dem ''Schaufenster'' positioniert und zielte mit der Boardkanone direkt auf den Kopf der Füchin. Zwar konnte die das nicht sehen, aber war sich ziemlich sicher.
Die Bewegung, nun direkt auf den ''Flieger'' zuzurennen, sich unter dem hindurchzurollen und sich mit aller Kraft – im Schwung – vom Boden abzustoßen, kam eher unbewusst. Sie verließ sich immer auf ihr Gefühl... Auch wenn das gerade gepennt hatte.
Es war nicht unmöglich einem zu entkommen, solange...
Ein Schuss ließ die Füchsin an Ort und Stelle verharren, als aus der Richtung, in die sie bis eben gerannt war, ein weiterer Flieger dazu kam und unablässig seinen Aufruf wiederholte, sie solle sich ergeben. Der erste war direkt hinter ihr, der einzige Weg der in eine winzige Gasse zu ihrer rechten.
Sie musste weg. Schnell! SCHNELL!