Shangri-La, das Paradies auf Erden. Wenn man sich diese Begrifflichkeit einmal verdeutlichte, dann musste man zwei Sachen fragen? Warum hatte man das unter Ray City genauso genannt, und warum wurde dieser Ort so benannt?
Zum Ersten: Das erste war ein Paradies für Verbrecher und Abschaum gewesen und war ein Beweis, das so sauber Mobius immer gewirkt hatte, umso dreckiger waren seine Abgründe gewesen. Es war das Ultimatum für das Entstehen von sovielen krankhaften Persönlichkeiten, die auch Ray City heim gesucht hatten, oder das Waisenhaus. Leute wie der Vagrant mussten einfach von so finsteren Orten kommen, dass sie selbst sich mit Liebe dazu hinwendeten. Dass Frauen wie Aki so taff waren, wie sie waren, dass sie noch den härtesten Mann hatten zittern lassen können, konnte nur mit diesen Abgründen zu tun haben. Das ein Kind so wie Reika so zurückgeschlagen wurde, konnte dass nicht nur das Ergebnis der Existenz solcher Abgründe sein?
Shangri-La, das Paradies aller Ratten war ein mystischer Ort der Außenseitern vollkommen unbekannt war und dessen genaue Position niemand kannte, selbst die Fuhrratten wussten es nicht genau, denn unter der Erde orientierten sie sich nicht mit Kompassen.
Es waren drei Bäume, die nach dem Fall der Mobosaurier von den Ahnen der heutigen Ratten verwendet worden waren um ihre eigene Welt aufzubauen. Shangri-La war der heiligste Ort den man betreten konnte und das war ein Wissen, welches jede Ratte hatte und ein Wissen, welches man Außenseitern nicht mitteilte. Man fühlte das es was ganz besonderes war, und darum ging es auch. Man sollte es nicht wissen, sondern fühlen. Im Lebensgefühl, im allgemeinen Tag. Dieser Himmel auf Erden war der eine Ort auf Mobius, der niemals sein Grün verlieren würde.
Das erklärte Mia, während der Fahrstuhlfahrt und als die Frage kam, wie sie das rausgefunden hatte lächelte sie nur und sagte: „Informationen sind nunmal mein wahres Geschäft.“
...
Als Mia sich nicht angemeldet hatte, hatte Aki ihnen alle Informationen gegeben, die sie hatte. Mia Fan, Mitglied von SHADE, Kurtisane und Witwe des verstorbenen Echsenhochlords Damian, den letzten Mobosaurischen Fürsten der Lost Dawn Zone, welcher im Zuge des Eclipse Summers, wie die Revolution genannt worden war, gestorben war. Für Shangri-La war sie wichtig, da sie Kontakte in die gesamte freie Welt zu haben schien und für Vigil, die Wacht, war sie wichtig, weil sie die Gruppe davon abgehalten hatte, entgültig in ihren Emotionen zu verschwinden, so wie es bei White bereits geschehen war.
Dennoch hatte sie Rotto gefragt, was er davon hielt, denn Informationshändler hielten alles für Verkäuflich. Am Ende lag es in seiner Hand, ob Mia hätte bleiben sollen, oder ob sie als zu große Gefahr galt.
Am Ende wurde sie behalten, neben anderen Gründen, auch der, dass er die Person kannte, die Mia einst aufgenommen hatte. Jede Ratte kannte diese 'Königin der Kurtisanen' wie sie häufig genannt wurde. Wie jede Person, die sie kannte, war sie auch mit Rotto befreundet.
…
Shangri-La: drei Bäume, der Platz dazwischen und drumherum. Im Schatten der Bäume hatte es milde Temperaturen, aber auch eine hohe Luftfeuchtigkeit. Die einzige, für die das eine ernsthafte Umstellung war, war Sierra, die noch das heiße, trockene Klima der Wüste gewohnt war. Die anderen hatten eher mit wärmeren Temperaturen als normal zu kämpfen. Und die Ratten schienen mit den Aufräumarbeiten bereits abgeschlossen zu haben, auch wenn der Morgen noch schleppend war. Man hatte es nicht mit dem Feiern übertrieben, wie vom Chef gewollt. Zumindestens hatten die meisten das nicht, zumindestens hörte man wie zwei Ratten sich zwischen zwei Bäumen stritten, dass die eine die Wäscheleine doch falsch aufgehangen hätte, Mia schien nur für einen Moment verwundert hinzuhören, dann schien sie es mit einem Lächeln zu akzeptieren. Einige Sachen veränderten sich nie.
Was sich im Gegensatz zu damals unterschied waren einige Sachen: Die Leute die Kleidung verkauften, machten sie auch selbst, Nahrung war nur gerade so verfügbar, da man gerade erst begonnen hatte, eine eigene Wirtschaft zu errichten und man kam nicht einfach so an alle Waren, wie es unter Ray City damals möglich gewesen war. Dies war eine Stätte und kein Knotenpunkt für Händler. Wenn man sich diese Sachen vorhielt, dann wurde einem auch ein wenig bewusst, dass die Ratten tatsächlich 'trotzdem' lächelten. Die Atmosphäre war gut und mit hoher Wahrscheinlichkeit konnte man sie nur sehr, sehr schwer brechen.
Würden die Ratten jemals von sich aus einen Widerstand aufbauen, Skorpia würde nie wieder ruhig schlafen können. Das war zwar eine Traumvorstellung, da die Ratten nicht viel auf Konflikte und die damit verbundenen Verluste hielten, aber die Zukunft, so wusste es Mia, war wenn etwas, dann stets ungewiss.
Reika hatte sich zwischen den beiden platziert, trällerte ein fröhliches Landlied, was sich in ihrer Erinnerung festgesetzt hatte, die Widder hatten es immer bei Einkaufsgängen gesungen, und hüpfte auf und ab. Für sie war es ein glücklicher Moment und für Cecily, die wahrscheinlich ansonsten einfach vorbeigelaufen wäre, war es ein kurzer Moment, ehe sie sich zu der Gruppe mit einem „Hey!“ wandte.
Cecily hatte einen Sack auf dem Rücken voll mit Altmetall welches sie verwenden wollte. Sie hatte bereits einige Pläne ausgearbeitet, jetzt wäre es nur eine Frage der Zeit. Sie schätzte aber höchstens einen halben Monat, bis die Werkstatt 'Cecily-tauglich' sein würde. Mia ging nicht auf die Begrifflichkeit ein, vermerkte sich nur, dass sie nach einem halben Monat von der Werkstatt fernbleiben sollte. Davon wunderte sich Mia nur über die Richtung aus der das Mädchen gekommen war, da man Altmetall eigentlich woanders herbekam.
„[color=violet]Ich komme gerade vom ansässigen Doktor,[color]“ sagte sie, „Plucked hat sich beim morgendlichen Training den Arm ausgekugelt.“
Mia hob eine Augenbraue und fragte, „Wie hat er denn das geschafft?“
„Der Söldner. Plucked hat geglaubt, weil er Revolver trägt könnte er nichts im Nahkampf machen. Scheint aber Ringen zu können, der Kerl.“ Mia benickte die Ausführungen des Mädchens. Es war interessant zu beobachten, denn für eine Person die Cecily nicht kannte, war sie nunmal einfach sehr klein. Eine Krankheit hatte ihr Wachstum eingeschränkt, was sie kleiner verblieben ließ als Reika.
„Abseits davon, da wir ja jetzt alle Freedom Fighters sind hat er sich bereitgestellt für uns Waffen zu schmieden, wenn wir es wollen. Seine Revolver sind hangemacht und er hat ein Messer, welches sehr schmucke ist, richtiger Buntwurm bei der Klinge,“ führte Cecily weiter aus, ehe sie ein lässiges Grinsen aufschlug, „Du kannst dir also endlich einen Stahlfächer anschaffen, falls dir Kerle zu nahe kommen.“
Mia lächelte und nickte, „Ja, sieht so aus.“ Und wenn man das Lächeln und die Aussage verband, hätte sich jede Person die irgendein Interesse an Mia hatte sofort verkrümelt. Es war einer dieser vollkommen gruseligen, sehnsüchtigen Gesichtsausdrücke, die ein Massenmörder hatte, kurz bevor er eine weitere Person aufschlitzte.
Die kleine Waschbärin wandte sich nur nochmal an Reika, sagte ihr, dass sie als Brigade-mitglieder jetzt ja endlich wieder was gemeinsam machen könnten, damit verabschiedete sie sich auch. Mia, wie auch Sierra verblieben verwundert und Reika wollte bei genauerer Nachfrage über diese 'Brigade' auch nur kichern. Einige Sachen veränderten sich nie und Mia musste zugeben, dass Cecily recht gut reagiert hatte, was auch immer ihr Plucked erzählt hatte.
Und damit ging der Morgen erst richtig los. Die werten Schneider, hatten einige Kleidung ausgestellt, in Standardgrößen, waren aber natürlich eher auf Maßanfertigungen aus. Die Ratten schienen nicht so darauf aus, von der Farbgebung Jungen und Mädchen zu unterscheiden und die Designs reicht von beiden Seiten aus von Schlicht bis, nun, extravagant, wobei man meist erkannte, dass man einfach das wenige was man hatte in soviel wie möglich gewandelt hatte. Eine Kunst für sich. Der Laden befand sich in einem Zelt und der Hauptteil der Beleuchtung war durch die Sonne gegeben, wie so ziemlich überall sonst in Shangri-La, und die Sachen selbst waren sauber nach Art sortiert.
„Such' dir raus, was dir gefällt,“ sagte Mia, recht glücklich darüber, dass die Ratten das Prinzip von festen Preisen nicht kannten. Die Abwesenheit von Preisschildern würde Sierra hoffentlich dazu bewegen, das zu kaufen, was sie für sich am besten hielt. Mia brauchte keine Kleidung, entsprechend könnte sie sich um Reika kümmern. Es würde vielleicht noch eine Weile dauern.